Ganz fremd in einer neuen Stadt, hatte ich schreckliche Angst vor meinem
ersten Schultag. Schüchtern setzte ich mich in die letzte Bankreihe
und war froh, als sich ein netter Junge neben mich setzte. Von da an
wurde er zu meinem besten Freund. In den Pausen spielte er mit mir
fangen und war immer zur Stelle, wenn mich jemand ärgern wollte. Nach
der Schule begleitete er mich jeden Tag nach Hause.
Irgendwann hörte er auf mich zu begleiten. In den Pausen spielte er
lieber mit anderen Jungen Fußball und schaute zur Seite, wenn er mich
sah. Das machte mich sehr traurig.
Jahre später fragte er mich, ob ich seine Tanzkurspartnerin sein möchte.
Mein Herz jubelte, doch ich sagte nur ein höfliches »sehr gerne«. Ich
genoss jede Tanzstunde in seinen Armen und wünschte mir mehr, aber
ich wusste, das wollte er nicht!
Seit dieser Zeit brachte mich mein bester Freund wieder jeden Tag nach
Hause. Die Zeit verging, er war mit anderen Mädchen zusammen und
trennte sich immer wieder, aber mich brachte er abends immer vor die
Tür. Oft wollte ich ihn hereinbitten, doch ich wusste, das wollte er nicht!
Ich sah ihm manchmal tief in seine Augen und verstand auf einmal die
Worte meiner Oma, dass die Augen das Tor zur Seele seien. So wünschte
ich wieder, dass er mehr als mein bester Freund sein möge, doch ich
wusste, das wollte er nicht!
Zur Abiturfeier hielt er als Schulsprecher eine Rede. Ich saß in der ersten
Reihe, bewunderte sein Auftreten und lächelte ihm zu. Er schaute mich
an und lächelte strahlend zurück. Wieder einmal wünschte ich mir, dass
er mehr als mein bester Freund sei, doch ich wusste, das wollte er nicht!
Nach dem Abitur trennten sich unsere Wege, er ging für ein Jahr ins
Ausland. Bei seiner Abschiedsparty saß ich neben ihm. Er sagte mir,
dass er seine allerbeste Freundin sehr vermissen werde und er gab mir
einen Kuss auf die Wange. In diesem Moment wünschte ich mir, dass er
sagen würde, dass er mich liebe, doch ich wusste, das wollte er nicht!
Als er wieder heimkehrte, stellte er mir eine junge Frau vor, die ihm
offensichtlich nahestand. Als er mich wieder einmal nach Hause begleitete,
fragte er mich, wie ich sie fände? Ich meinte, sie wäre nett
und wunderschön, ich wünschte ihm, mit ihr glücklich zu sein. Doch für
mich wünschte ich sehnlichst, an ihrer Stelle zu sein, doch ich wusste,
das wollte er nicht!
Er fragte mich, ob ich seine Trauzeugin sein möchte. So saß ich in der
Kirche wieder in der ersten Reihe und wünschte, dass ich an seiner Seite
am Altar stehen würde. Doch ich wusste, das wollte er nicht!
Einige Jahre später lud mich seine Mutter zum Kaffee ein. Sie übergab
mir ein handgeschriebenes Büchlein mit der Aufschrift: »Meine beste
Freundin« und meinte, dass ich dies lesen sollte. Etwas verunsichert
blätterte ich in den vielen Seiten und las immer wieder, wie sehr er mich
liebte, jedoch zu wissen meinte, das wolle ich nicht!
Sie erzählte, dass er in seiner Ehe nicht glücklich gewesen sei, sich daraufhin
schnell wieder getrennt habe und ins Ausland gegangen sei. Mit
einer mysteriösen Krankheit sei er vor Monaten heimgekehrt. Seither
läge er im Koma und die Ärzte wüssten sich keinen Rat mehr.
So saß ich wieder einmal in der ersten Reihe, doch diesmal ganz allein
vor seinem Krankenbett. Er war bleich und abgemagert, durch viele
Schläuche mit irgendwelchen Geräten verbunden. Es zerriss mir beinahe
das Herz ihn so liegen zu sehen! Ich konnte nicht umhin und küsste
ihn zärtlich auf die Wange, hielt fest seine Hand und ließ sie nicht mehr
los. Da er mich nicht hören konnte, sprach ich mir alles von der Seele,
wie sehr ich ihn all die Jahre geliebt hatte, jedoch immer meinte, dass
er mich nicht wollte!
Anscheinend bin ich an seinem Bett eingeschlafen.
Als ich aufwachte lag ich in seinen Armen und er lächelte mich an!
© Gisela Rieger; aus dem Buch „Inspirationen für`s Herz“ (ISBN 978-3-00-050869-1)
(Wir nutzen die Geschichte mit freundlicher Genehmigung durch die Autorin. Danke!)
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